Magazinarchiv: 1995

Ein Jahr MeV

Ein Happening zum Geburtstag - Ein Happening für das Neue Geistliche Lied

Ensdorf. Im zweiten Anlauf hat es nun doch geklappt – das MeV-Total-Wochenende im Haus der Begegnung in Ensdorf. Die Spannung war groß: wird´s `was, oder wird`s nix?
Zuerst tröpfelten die Anmeldungen nur ein bißchen, doch in der letzten Woche vor dem Termin (reichlich spät) kam dann die (Ent-)Warnung: es kommen etwa 45, in Worten: fünfundvierzig SängerInnen und MusikerInnen, um das Wochenende vom 6. bis 8. Oktober zu einem Happening zu machen …
Bereits letztes Jahr wurde der Versuch gestartet, einen Fixtermin für alle Aktiven im Bereich des Neuen Geistlichen Liedes (NGL) zu schaffen. Mangels Teilnehmern wurde daraus nichts. Die Trotzreaktion war die Gründung von Musica e Vita! Am Freitag abend trudelten die Teilnehmer ein. Nach der Begrüßung wurden neue Projekte und neue (eigene) Lieder vorgestellt. Die Bandbreite reichte von der 70 000 DM teuren Theaterproduktion von Tabaluga bis hin zur Techno-Messe. Von Liedern des Christivals `96 bis zu Songs aus der eigenen Feder. Die Hitparade der eigenen NGL-favorites an der Wand zeigte das Spektrum der Geschmäcker und Liedermappen …
Die Erwartung von anstrengender Arbeit in den Workshops des nächsten Tages war für die wenigsten ein Grund, für ein zeitiges Zu-Bett- gehen – Kennenlernen und Erfahrungsaustausch stand auf dem Programm.Der Schwerpunkt des Wochenendes lag auf der Arbeit in den Workshops zu den Themen STIMME, RHYTHMUS, TASTEN, GITARRE, BASS, KÖRPER.
Robert Göstl, bewährt bei MeV als Referent für (Kinder-) Chorarbeit, scharte ein dutzend Leute um sich, um im Detail auf Einzelstimmbildung, richtige Körperhaltung, Atmung und richtiges Singen einzugehen. Im Laufe des Tages war das chorische Singen anhand der eigens für das Wochenende zusammengestellten Lieder angesagt.
Stefan Huber, Persussionist bei Sacroton, hatte die meisten Instrumente mitgebracht, um seine Workshopteilnehmern rhythmisch zu beschäftigen. Neben des Einsatzes des eigenen Körpers im Rahmen der Bodypercussion war von den Teilnehmern gefordert, Trommeln, Rasseln, Schüttelrohre, jede Art von Schellen, Triangeln und viele exotische Utensilien mehr koordiniert in den Sinn von Rhythmus und Musik zu stellen.
Rupert Veith und Jochen Achhammer hatten einen Teil der harmonischen Aspekte im Workshopprogramm übernommen: Gitarre und Soloinstrumente. ‚Vom Klampfen zum Spielen‘ oder ‚Vom Stimmen zum Jazzakkord-Griff‘ oder ‚Grundlegendes und Ausgefeiltes‘ (im Bereich Begleitung, Melodiespiel und Improvisation) oder ähnliches könnten bzw. mußten als Untertitel herhalten, da die Bandbreite der Teilnehmer von nornherein nicht klar war. Die ausgewählte Literatur des Wochenendes hatte aber für jede/n etwas zu bieten.
In intensiver Einzelarbeit konnte Johannes Erbertseder seine beiden Interessenten am Kontrabaß-Workshop ‘rannehmen. Die Finger glühten am Abend nach einigen Stunden Tonleitern, Lagen und Walkin´ Baß.
Die Workshops ‘Körper’ und ‘Tasten’ fielen aus. Für ’Körper’ mit Klaus Brantl fanden sich zu wenig Interessenten, und für ‘Tasten’ gab es keinen Referenten, weil Gerhard Hany hinter Schal und Teekanne nur als rote Nase und hustendes Individuum mit Bettruheverordnung wahrzunehmen war.
Am Nachmittag bündelten sich alle Workshops in einem gemeinsamen Proben und Arrangieren der Songs für den Gottesdienst am Abend: anstrengend, aber hochproduktiv.
Der Diözesanjugendpfarrer der Diözese Regensburg Michael Fuchs, selbst MeV-Mitglied, baute beim Gottesdienst am Abend die Brücken zwischen den liturgischen Inhalten, den Texten und der Musik – er und alle Mitwirkenden machten diese Feier zu einem Er-leben von NGL in seiner ganzen Dimension: es war ein ‚Vom Leben singen‘, das Thema des Gottesdienstes.
Leider reisten anschließend einige ab. Der Stimmung in den Kellergewölben des Hauses der Begegnung tat dies aber keinen Abbruch. Es galt u.a. auch Argumente zu sammeln für die Diskussion am Sonntag vormittag.
Das Resumee am Abend hieß jedoch bereits: Im nächsten Jahr kommen wir wieder. Doch bis dahin ist es ein langer Weg, wie auch die Qualitätsdiskussion am Sonntagmorgen klar stellte.
Nach den Formalitäten einer Jahreshauptversammlung (siehe Bericht an anderer Stelle im Heft) hieß das Thema: ‘Qualitätsmerkmale beim NGL?!’
Das NGL ist ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der jugendlichen (Gottesdienst-)Kultur. Das Fortbildungsangebot eine von offiziellen Stellen noch nicht angedachte Notwendigkeit. Das ist die Nische, in der Musica e Vita seine Aktivitäten entwickelt: Konzerte, Kurse, Wochenenden, Workshops, begleitete Proben und viele andere Angebote mehr. Die besonderen Schwierigkeiten in den Pfarreien liegen in der fehlenden Toleranz von Verantwortlichen, in fehlenden finanziellen Mitteln, es gibt für das NGL meist noch keine eigene Liedersammlung, Gottesdienste mit NGL sind oft noch für spezielle Jugendveranstaltungen vorgesehen und nicht Pfarralltag – schade! Bieten sie doch die Möglichkeit, Lebensinhalte in der Sprache und der Musik unserer Zeit glaubhaft und lebendig ‘rüber zu bringen’.

Die Qualitätsdiskussion hängt am Anspruch, der an MusikerInnen und SängerInnen und in gleicher Weise an die Lieder selbst gestellt wird. Während auf Seite der Aktiven v.a. die Relativierung von Perfektion, d.h. es muß genügen, daß das Bestmögliche mit den vorhandenen Mitteln versucht wird, eingefordert wurde, waren die Argumente für NGL breiter gestreut. Die einen hielten es für wichtig, daß die Sache Spaß macht, man sich wohlfühlt und die Lieder gut ankommen. Die anderen gingen weiter und stellten die Forderung auf, das gemeinsame Singen, die Mitsingbarkeit (Gemeindelieder) und der Aufbau eines festen Repertoires müssen als Maßstab angesetzt werden. Dabei ist zu beachten, daß NGL in Gottesdiensten nicht nur als die Musik angesehen wird, die Besucher bringt, sondern daß auch hinterfragt werden muß, welche Theologie in den Liedern verbreitet wird.
Es war sehr bereichernd, daß zum Konferenzteil am Sonntag auch Friedrich Rößner von der AGMB (Arbeitsgemeinschaft Musik in der Evangelischen Kirche Bayern) und Thomas Löffelmann, Stellvertretender Diözesanmusikdirektor der Diözese Regensburg (und MeV-Mitglied), gekommen sind.
Die Diskussion hat uns von der Redaktion dazu veranlaßt, uns in der Literatur und bei denen, die schon lange in diesem Bereich tätig sind, schlau zu machen und in den folgenden Nummern des MeV-Info Thesen zu NGL und dem Umgang damit zur Diskussion zu stellen.
Das MeV-Total-Wochenende ging mit der Auswertung der Referenten zu Ende.

DANKE!

Und was bleibt ? – Es bleibt DANKE zu sagen, für alle, die vorbereitet haben und die mit großem Spaß und Ernst bei der Sache waren. Immerhin gab es fast 50 Leute, die freiwillig ihre Zeit und auch Geld geopfert haben, um sich im Bereich NGL weiterzubilden. Ein Dank gilt allen Referenten für ihre hervorragenden Beiträge und den Leuten vom Haus der Begegnung in Ensdorf, in dem sich alle sehr wohlgefühlt haben. Eine gute Voraussetzung für 1996, dann übrigens bereits von 20. bis 22. September – vormerken !

Musica e Vita Total
20. – 22. 9. 1996
Ensdorf/Opf.